Altes Kino - Theley Eide-Saal

 

Im Dezember 2012 bekam ich Gelegenheit in einem seit über 40 Jahre leerstehenden Kino in Theley den Zahn der Zeit stillstehen zu lassen.

 

Dank der Gemeinde Tholey konnte ich im Juli des darauffolgenden Jahres, im sogenannten Eide-Saal, meine Bilder ausstellen. Für einen einzigen Tag öffneten sich die Tore für die Besucher. Es war ein großes Fest, dass den Eidesaal noch ein letztes Mal aufleben ließ.

 

Im „SONY World Award 2013“, einem Fotowettbewerb, bei dem aus der ganzen Welt über 54000 Bilder eingehen, wurde in der Sparte „Kunst und Kultur“ eines meiner Bilder dieser Serie unter die TOP 50 gewählt.

Im Volksmund heißt das Gebäude noch heutzutage Eide-Saal. Dieser wurde in den Jahren 1952/53 von kulturtreibenden Vereinen in Eigenleistung an das ehemalige Gasthaus angebaut.

 

Der Eide-Saal war früher DER zentrale Veranstaltungsort für Vereine;  Gaststätte und Kinosaal zugleich. Legendär ist noch heutzutage, passend zur Mondlandung, die Kappensitzung von 1970. Das Prinzenpaar, befestigt an einem Seilzug, wurde damals als bemannte Mondrakete quer durch den Saal geflogen.

 

 

Der rote Vorhang hängt noch, ebenso noch ein paar Fetzen von der Leinwand, auf der drei Mal pro Woche die neuesten Streifen flimmerten. Im Vorprogramm gab es die "Foxtönende Wochenschau" die die Besucher mit den neuesten Nachrichten versorgte. Die Damenwelt hat seinerzeit der Hollywood-Legende Clark Gable im Film "Vom Winde verweht" zu Füßen gelegen und die Besucher hatten über den Tod des Apachen-Häuptlings Winnetou getrauert.

 

 

Auf der Empore im Kinosaal fanden 80 Personen Platz. Als das Fernsehen dann immer stärker aufkam, gingen die Besucherzahlen zurück!

 

 

Durch Zufall erfuhr ich durch einen Anwohner, dass das Gebäude an die Gemeinde veräußert werden sollte, worauf ich dort nachhakte.

 

Nach Eigentumsübergang wurde der Weg frei, das Gebäude von innen zu fotografieren.

 

Da zunächst nicht klar war, wann das Kino abgerissen werden sollte, legte ich gleich los, denn ich wollte des „Ist“-Zustand dokumentieren.

 

Bei eisigen Minustemperaturen fotografierte ich im so genannten HDR-Verfahren, bei dem jeweils Bilder unterschiedlicher Belichtung in der Nachbearbeitung übereinander gelegt werden, um die bestmöglichen Kontraste bzw. Helligkeiten im Bild zu erreichen.  Das bewerkstellige ich meistens mit den Google-NIK-Filtern (HDREfex).

 

 

Die Belichtungszeiten lagen zwischen Sekunden und Minuten, so dass für ein Bild (drei Aufnahmen) manchmal mehr als 5 Minuten benötigt wurden. Ob ich letztendlich wirklich alle drei Bilder verwende, entscheide ich später am Rechner in Lightroom. Aber dadurch, dass ich mehrere Belichtungsstufen fotografiert habe, befinde ich mich auf der sicheren Seite um keine Tonwerte verlieren zu müssen. Wichtig ist hierbei wirklich, dass das Ausgangsmaterial die Kontraste bewältigen kann, alle Bilder gleich scharf sind (HDR bei gleicher Blendenöffnung!), und die Bilder möglichst den gleichen Ausschnitt bei gleicher Brennweite aufweisen, so dass diese später auch „übereinander“ passen.

 

Der Weg durch den Keller, um hinauf in den Vorführraum zu gelangen, der aufgrund des Brandschutzes räumlich vom Kinosaal getrennt ist, war schon abenteuerlich.

 

 

Das ein oder andere Foto musste aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse mit einer Taschenlampe flächig (durch wedeln) ausgeleuchtet werden. Dies geschah  durch eine Hin- und Her-Bewegung der Lampe über mein Motiv.  So kommen die  interessanten Färbungen zustande.

 

Im Tagebuch des Filmvorführers steht  Seite für Seite jede einzelne Vorstellung, jeder noch so geringste Vorfall  wurde penibel darin aufgezeichnet.

 

 

Am 17. Dezember 1955 riss der Film im ersten Akt. Die Stummfilmstars "Dick und Doof" liefen dienstags, am 16. Februar 1962 kämpfte der kauzige Westernheld "Fuzzy gegen Tod und Teufel". "In den Spätvorstellungen wurden auch Filme mit leichtbekleideten Darstellern gezeigt", erzählte mir ein ehemaliger Filmvorführer des Kinos.

 

Bei pikanten Szenen habe er dann auf Anweisung von Oma Dewes (der ehemaligen Kino-Besitzerin) seine Hand vor den Projektor halten müssen. "Dann hat der ganze Saal lautstark gepfiffen", weiß er noch gut.

 

 

Man spürt förmlich, dass die Zeit still steht. Das morbide Gebäude strahlt einen Charme aus, den die heutigen großen Kinokomplexe nie erreichen können.

 

In den Räumlichkeiten  wollte ich zum fotografieren nichts umarrangieren, so dass die Bilder authentisch sind, so wie ich die Gegebenheiten dort vorgefunden hatte.

 

Leider war eine Sanierung des Gebäudes nicht möglich, so dass der Eide-Saal 2015 abgerissen wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Serie entstand ein qualitativ hochwertiger Fotobildband auf hochglänzendem Fotopapier, dass sich inzwischen mehrfach verkauft hat.